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Samstag, 28. Dezember 2019

Tanzen im Blindensportverein

Madame und der Pirat tanzen einen eleganten Foxtrott über das Parkett der Aula. Ich bewundere aus der Ferne seinen Stoffpapagei auf der Schulter. Robbie Williams spielt. Die beiden gehen beschwingt vor. Slow slow quick quick. Der Pirat setzt eine Drehung an. Quick quick. Es rummst.

Das war die Wand. Sie halten kurz inne. Madame fragt „Aber du führst doch?“ Er antwortet: „Ja, aber ich sehe nicht, wo die Wand ist.“ Damit hat der Pirat Recht. Er sieht nicht, wo die Wand ist. Er sieht nicht, wo die anderen Tänzer sind. Er sieht auch Madame nicht.

Festsaal im Wiener Rathaus. Bearbeitetes Bild: stark verschwommen. Im Wesentlichen sind vage Konturen und Farben zu erkennen.
Bearbeitet. Ursprüngliches Bild: Festsaal im Wiener Rathau Fotograf:  SciBall19 Lizenz Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.


Willkommen beim Ball des Blindentanzvereins. Dort, wo die Führenden führen, aber die Geführten manchmal auf den Weg achten. Der Ort, an dem die schnellste Polonaise südlich des Innenstadtrings getanzt wird. Der Ort an dem sich Rumba, Cha-Cha und Walzer mit einer an Kuscheligkeit grenzenden Herzlichkeit verbinden.

Mittwoch, 29. Mai 2019

Badestelle Krumme Lanke. Schwimmen im Grunewald.

Ach du meine Güte. Wo kommt die U-Bahn-Station her? Dieser Badesee hat einen U-Bahn-Anschluss! Ich stapfe entrüstet mit dem Fuß auf das rechte Fahrradpedal, nur damit mir das linke Fahrradpedal von hinten an die Wade schlägt.

Meine Vorbereitung war glänzend. Mit dem Fahrrad hatte ich mich auf dem Weg zur Krummen Lanke in Zehlendorf nur zweimal verfahren. Aber nun das. Da hatte Berlin vollkommen unbemerkt von mir eine U-Bahn-Station mitten in den Grunewald gebaut. Die Schilder mit der Endhaltestelle "Krumme Lanke" an der U3 hätten mir einen Hinweis auf die Existenz dieses Bahnhofs geben können. Aber manchmal bin ich blöd.

Mein Plan, beim strahlendem Sonnenschein mit über 25 Grad Lufttemperatur die Berliner Freibäder zu umgehen, und einen abgelegenen See zu besuchen, zerkrümelte vor meinen Augen zu Staub. Zertrampelt von den gut gelaunten Menschen, die aus dem Tor des Bahnhofs in Richtung See strebten. Soviel zur unberührten Natur. Das war mein Krumme-Lanke-Trip 2018.

Ich bin manchmal blöd, nicht dumm. Dieses Jahr fuhr ich mit der genannten U-Bahn und wartete auf einen 18-Grad-bei-grauem-Himmel-Tag zum Besuch des Sees. Auf der Fahrt bestaunte ich die Fast-Welterbe-Haltestelle "Onkel Toms Hütte" der U3 und hatte noch DJ Hüpfburg im Ohr.

Die traf ich zufällig am Heidelberger Platz, wollte fragen, wie das Leben als hauptberufliche Hochzeitswebseitengestalterin ist. Aber sie musste mir vom gemeinsamen Bekannten B erzählen: "B traf ich auf dem Innenhof der re:publica. Wir haben uns ja seit sechs Jahren nicht mehr gesehen. Und der war so stoned. Oh my god! Ja, er schauspielert immer noch. Kann davon nicht leben, aber scheint glücklich. Aber ich muss raus aus der Bahn: Ringvorlesung zur interdependenten interkulturellen Künstlichkeit." Und hinfort strebte sie zur Freien Universität.

Immerhin war ich nach der U-Bahnfahrt noch entspannt genug, um die echt italienische Eisdiele in der Nähe der Haltestelle Krumme Lanke zu würdigen ebenso wie die benachbarten Buchhandlungen. Um die Tradition des letzten Jahres nicht ganz abreißen zu lassen, verfuhr ich mich diesmal nicht auf dem Weg zum See, sondern ich verlief mich.   

Blick auf die Krumme Lanke vom Uferweg. Der See selbst ist sonnenbeschienen, Bäume und Weg liegen im Schatten.
Blick auf die Krumme Lanke


Beide Besuche lagen Anfang Mai, in der Hoffnung auf einen nutzbaren See. Viele Berliner hatten den See- oder Freibadbesuch noch nicht als Möglichkeit der Freizeitgestaltung reaktiviert. Die Wassertemperatur betrug 2018 Anfang Mai und 2019 Ende Mai je 18 Grad. Einige wenige Badende und mehr Sonnende waren 2018 bei strahlendem Sonnenschein anwesend. 2019 teilte ich mir die Wasserfläche mit einem Haubentaucherpärchen und einer Entenmama mit Küken.


Samstag, 1. Dezember 2018

Sofas und Weihnachtsberge - Wikipedia im Museum Europäischer Kulturen

Klippan ist ein klassisches Sofamodell des sich schwedisch gebenden Möbelhauses IKEA. Das Sofa wird dieses Jahr 40 Jahre alt und ist neben Billy vielleicht der Klassiker IKEAs. Klippan steht in den Räumen des MEKs, des Museums Europäischer Kulturen, in Berlin. Dort steht es nicht etwa als Ausstellungsstück, sondern als Möbel.

Aber: wenn man ein Museum für Volkskunde und Alltagskultur mit einer Gruppe Wikipedistas zusammenbringt - dann wird auch das Foyersofa zum Ausstellungsstück - und darüber entstehen Wikipedia-Artikel. 

Berlin, Museum Europäischer Kulturen, GLAM on Tour im Museum Europäischer Kulturen (2018) NIK 6039
Klippan im Museum. Bild: Berlin, Museum Europäischer Kulturen, GLAM on Tour im Museum Europäischer Kulturen (2018) NIK 6039 Von: Nightflyer. Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International license.

Willkommen bei Wiki goes MEK! 2.0. Willkommen bei der zweiten Veranstaltung zwischen Wikipedia, dem MEK und dem Glam-Team von Wikimedia Deutschland.

Freitag, 4. Mai 2018

Schwimmen Berlin: Strandbad Wannsee

Mein erstes Berliner Bad. Das Strandbad Wannsee war nicht das erste Bad, das ich besuchte, oder auch nur das erste, das ich sah. Aber es war das erste Bad, dessen Namen ich kannte. Denn natürlich hatte ich damals schon den Schlager gehört; den Conny-Froboess-Badehosen-Schlager. Nicht, dass ich sicher wusste, dass dieser Wannsee überhaupt in Berlin lag. Sicher hätte ich keine Ahnung gehabt, dass der See eigentlich eine Bucht der Havel ist – oder dass ich gewusst hätte, was die Havel ist. Und ganz sicher wäre mir nicht im geringsten bewusst gewesen, dass hier eine Architekturikone der Moderne steht. Das Bad verkörpert den radikale Bruch mit dem betulichen Hoffmann-Stil der Berliner Stadt, hin zum Anspruch eine Weltstadt zu sein.

Blick vom Höhenweg auf das Sonnendeck eines der Bauten. Weiter hinten der über einen Steg erreichbare Aussichtturm für die Rettungsschwimmer.


Das Wannseebad – ein Bad zwischen Symbol und echter Badeanstalt. Wenn es auch eher Symbol ist für die 1950er und West-West-Berlin in seiner fröhlichen Sommerfrische als für die 1920er und den gescheiterten Aufbruch. Ein Symbol ist es aber, das zum Glück aber jedes Jahr durch hunderttausende Besucher fest im hier und jetzt verankert wird.

Sonntag, 4. Februar 2018

Schwimmbad Dahlen. Schwimmen in der Schwimmhalle Hüttenweg

Das Pionierbad liegt im Wald. Es hat fast immer geschlossen. Seine eigenwillige Geschichte ist nicht dokumentiert. Eine Betrübnis.

Einst war Berlin keine deutsche Stadt im engeren Sinne. Berlin stand unter alliierter Oberhoheit. Die Bedeutung der Alliierten war in den späten 1940ern und frühen 1950ern stark ausgeprägt, ließ dann aber nach. Die Stadt wurde immer DDR‘riger (Osten) beziehungsweise bundesrepublikanischer (Westen). Einige Besonderheiten bewahrte sich die Stadt dennoch.

Abbildung der Schwimmhalle Hüttenweg von der Eingangsseite. Zwei Fahnen der Berliner Bäder Betriebe. Gut zu erkennen ist die erhöhte Hallendecke unter der das Drei-Meter-Brett liegt.
Schwimmhalle Hüttenweg. Hier die Eingangsseite.


In Westberlin beispielsweise existierten drei große alliierte Wohn- und Stationierungsgebiete. In Wedding/Reinickendorf lag die französische Cité Foch, in Gatow wohnten die britischen Truppen und in Dahlem die Amerikaner. Zu allen diesen Wohngebieten Gebieten gehörte mindestens ein Schwimmbad – einst nur für die Alliierten zugänglich, nach der Wende für alle. Das Bad in Dahlem war das erste dieser Bäder, das komplett neu entstand und nicht einfach die Weiternutzung eines alten Bades und es gehört zu den frühen westdeutschen Typenbauten.


 
Dann begann das große Berliner Bädersterben der Jahrtausendwende. Das Bad in Gatow existiert nicht mehr. Das französische Bad der Cité Foch wurde auch letztens abgerissen. Einzig die amerikanischen Bäder in der Finckensteinallee und im Dahlemer Hüttenweg unweit des Jagdschlosses Grunewald existieren noch(*). Es ist Teil des Cole Sportzentrums, das wiederum direkt an das Alliiertenmuseum anschließt – hier gibt’s Westberliner Geschichte in größeren Mengen.

Dienstag, 10. Oktober 2017

Schwimmbad Berlin: Finckensteinallee, Lichterfelde

Berlins großartigstes Bad. Berlins schlimmstes Bad. In mir sträubt sich ja alles, ein Gebäude, das so Nazi ist wie ein Gebäude nur sein kann, großartig zu finden.

Aber: in dieser Schwimmhalle stimmt alles: das Licht, das Becken, der wunderschöne Umbau, die Bahnen, die Duschen, die Umkleiden.

Schwimmhalle Finckensteinallee im Quartett "Schwimmbäder in Berlin".


Und, ich halte es für eine gerechte Lektion der Geschichte, dass eine ehemalige Mörder-Trainingsanstalt heute ein öffentliches Volksbad ist, das offensiv barrierefrei ist und u.a. vom Berliner Behindertensportverband für Wettkämpfe genutzt wird.



Zuerst zurück zum Anfang. Die Nazis mochten keine öffentlichen Bäder. In ihrer Zeit entstanden in Berlin drei Hallen. Diese waren alle für geschlossene Nutzergruppen konzipiert und eben nicht öffentlich. Während die 1920er der Berliner Öffentlichkeit Schwimmtempel wie das Stadtbad Lichtenberg, Stadtbad Mitte oder das Stadtbad Schöneberg brachten, entstand in der Nazizeit kein einziges Bad für die Öffentlichkeit neu.

Dienstag, 5. September 2017

Sommerbad am Insulaner. Schwimmen im Freibad Südend-Bad.

So Berlin wie nur geht. Das Sommerbad am Insulaner, ehemals Südend-Bad, ist durch seine Entstehung in den 1920ern alt, traditionsreich, im Park gelegen, mit einer bewegten Geschichte und heute der proletarische Bruder des Prinzenbades. In keinem anderen Bad der Stadt habe ich so sehr den Eindruck, einen Querschnitt der gesamten Berliner Bevölkerung zu treffen.

Das Bad war, das erste öffentliche(*) Sommerbad der Stadt. Erstmals in Berlin lag ein öffentliches Bad im Freien, aber nicht an einem See oder Fluss, sondern eine von Fließgewässern unabhängige Wasserversorgung hatte. Eigentlich traditionsreicher und von der Anlage her schöner, kommt es mir immer wie der arme Bruder des herausgeputzten Prinzenbades vor.


Eingang zum Sommerbad am Insulaner. Die Gestaltung in den 50ern ist zu erkennen.
Es sieht klein und unscheinbar aus. Aber dann kommt einiges. Und großartige Schrifttype.



Entstanden ist das Bad im Insulaner im Rahmen der Lebensreform. Ursprünglich errichtete der „Verein für Gesundheitspflege und Naturheilkunde“ ein reines Licht- und Luftbad – ein Wort das durch die Nazis verschwand, aber im Prinzip dazu dienen sollte, arme Großstadtbewohner aus den stickigen Hinterhöfen ihrer Mietskasernen auf Wiesen an die Sonne und an die frische Luft zubringen.

Als fortgeschrittene Variante des Licht- und Luftbads entwickelte sich das  Freibad. In den 1920ern gab es zwar zahlreiche Fluss- und Seebäder, Bäder ohne direkte Anbindung an ein Gewässer waren aber revolutionär.

Sonntag, 31. Januar 2016

Zu Besuch im Leonorenbad / Stadtbad Lankwitz

Lankwitz ist einer jener Ortsteile von denen selbst die meisten Berliner nicht wissen, dass er existiert. Lankwitz liegt im Südwesten Berlins, bei Steglitz. Die Wikipedia zählt unter „wichtige Gebäude“ neben einem Exil-Standort der Freien Universität auch mehrere Seniorenheime auf. Einer der Stadtteile, bei denen ich immer überrascht feststelle, dass auch dort eine Menge Menschen leben und ich mich dann frage: Warum?

Das Stadtbad Lankwitz, nach seinem Standort an der Leonorenstraße auch als Leonorenbad bekannt, liegt zwischen Wohnhäusern und Brachflächen, die mal Wohnhäuser werden wollen. Knapp um die Ecke befindet sich ein kleines Ortszentrum mit schönen Geschäften wie „Augenblick. Die Wimpernbar.“



Das Bad ist Teil eines größeren Sportkomplexes, zu dem auch noch eine Eislaufbahn und ein Tennisgelände gehören. Alles ist aber recht gut hinter dem Parkplatz versteckt. Immerhin gibt es eine Bushaltestelle „Stadtbad Lankwitz“ – wenn man aussteigt und ratlos durch die Gegend schaut, sieht man dann auch irgendwann die Fahnen der Bäderbetriebe.

Donnerstag, 7. April 2011

Mit Larry Lessig am Wannsee

Lawrence Lessig war in Berlin. Der bekannte Streiter gegen restriktives Urheberrecht und Poster-Child der akademischen "Freiheit-im-Internet"-Kämpfer hielt einen Vortrag zu Internet. Kultur, und Politik. Alles halt.

Zum Ambiente: die American Academy war mir vor dem Vortrag tatsächlich kein Begriff. Nach dem Blick auf die Karte, der eine herrschaftliche Villa direkt am großen Wannsee preisgab, dachte ich, aha, noch so ein spannendes Berlin-Überbleibsel aus dem Kalten Krieg. Denskste: Arbeit aufgenommen 1998.

Ein Tolle Aussicht vom Salon direkt auf den See gab es trotzdem, wobei das ganze Ambiente sowohl edel als auch eigentümlich familiär wirkte. Alle waren ausgesprochen höflich und bemüht, ein Großteil der Anwesenden kannte sich offensichtlich sehr gut. Der ehemalige Fellow Lawrence Lessig war den ganzen Abend nur Larry. Als er von der Geburt seines zweiten Kindes in Berlin erzählte nickten alle wissend und erinnerten sich. Die Begleitredner haben sich erst gar nicht vorgestellt, weil sie wohl davon ausgingen, dass eh alle sie kennen. Das ganze mit überdurchschnittlichen Häppchen versehen und mit einer Raumgestaltung, die vor allem an amerikanische Fernsehserien erinnerte. Und da meine persönliche US-Zeit ja weniger in Golfclubs an der Ostküste stattfand, sondern mehr unter Rednecks und Schwarzen, war auch mir das ein ganz neues US-Erlebnis.