Sonntag, 31. Januar 2016

Zu Besuch im Leonorenbad / Stadtbad Lankwitz

Lankwitz ist einer jener Ortsteile von denen selbst die meisten Berliner nicht wissen, dass er existiert. Lankwitz liegt im Südwesten Berlins, bei Steglitz. Die Wikipedia zählt unter „wichtige Gebäude“ neben einem Exil-Standort der Freien Universität auch mehrere Seniorenheime auf. Einer der Stadtteile, bei denen ich immer überrascht feststelle, dass auch dort eine Menge Menschen leben und ich mich dann frage: Warum?

Das Stadtbad Lankwitz, nach seinem Standort an der Leonorenstraße auch als Leonorenbad bekannt, liegt zwischen Wohnhäusern und Brachflächen, die mal Wohnhäuser werden wollen. Knapp um die Ecke befindet sich ein kleines Ortszentrum mit schönen Geschäften wie „Augenblick. Die Wimpernbar.“



Das Bad ist Teil eines größeren Sportkomplexes, zu dem auch noch eine Eislaufbahn und ein Tennisgelände gehören. Alles ist aber recht gut hinter dem Parkplatz versteckt. Immerhin gibt es eine Bushaltestelle „Stadtbad Lankwitz“ – wenn man aussteigt und ratlos durch die Gegend schaut, sieht man dann auch irgendwann die Fahnen der Bäderbetriebe.



Gebäude


Leonorenbad - der Missing Link zwischen der schlichten Eleganz des Stadtbads Wilmersdorf (eröffnet 1957) und der robusten Funktionalität des Kombibads Mariendorf (eröffnet 1975). Eine große, hohe Halle umgeben von Funktiosbauten. Alles wirkt betonlastig. Der Versuch mehrere Becken elegenat nebeneinander in einer Halle unterzubringen bleibt beim Versuch.

Das Eröffnungsjahr habe ich nicht gefunden, die Anmutung des Gebäudes lässt mich auf die 1960er tippen. Anscheinend wurde das Bad in den letzten Jahren behutsam saniert. Alles wirkt recht frisch und neu, die Whirlpools und ähnliches gibt es auch in Berlin noch nicht so lange.

Dem Schwimmbadblog entnahm ich, dass das Leonorenbad ein 1970 gebautes Bad ist, das in den frühen Achtzigern um Spaßanlagen wie die Rutsche und Spaßbecken erweitert wurde. Und ich dachte: Heureka! Alles ergibt Sinn! Der Frühbetonstil mit Whirlpool. Die uneleganten Proprotionen. Die Farbgebung der Rutsche. Das Gefühl, dass alle Wege und Gänge irgendwie falsch liegen und woanders sein müssten. Funktional angefangen und dann im architektonisch schlimmsten Jahrzehnt der Bundesrepublik ungeschickt erweitert. Und wir haben Lankwitz!

Umkleidekabinen/Duschen


Angenehmerweise kann ich vom Eingangsbereich aus bereits die Schwimmhalle sehen. Das macht Lust auf Baden. Zu den Kabinen und Duschen gelangt man dann über Umwege. Unter anderem führt der Weg an einer Vitrine vorbei, die seit Monaten zu vermieten ist, sowie am Schuhsausziehbereich, der hier vor den Kabinen ist. Die Kabinengänge selber entstammen anscheinend dem Konzept "Fliesenlabyrinth", das auch in Mariendorf zur Anwendung kam.

Vor all‘ den gefliesten Wänden ist es nicht einfach, sich zurechtzufinden. Allerdings überwiegt im Leonorenbad helles Beige gegenüber dem dunklen Braun Mariendorfs. Zudem ist die Beleuchtung besser, sodass das Labyrinth subjektiv nicht ganz so labyrinthisch wirkt. Im Sommer 2017 fand anscheinend ein Großreinemachen statt. Die Kabinengänge glänzen nun durch ein strahlendes Beige. Zudem sind alle Schüsselbänder neu.

Originellerweise dienen die Kabinen auch als Schrank – man zieht den Schlüssel der Kabine ab und kann seine Sachen dann dort lassen. Echter Luxus, den ich sonst nur aus mehr oder weniger originalen Volksbädern der 1920er kenne. Nicht so schön umgesetzt wie in Spandau-Nord, zuerst irritierend, dann aber sehr angenehm.

Schwimmhalle


Ein Schwimmerbecken (25 Meter, 6 Bahnen, 3-Meter-Brett, also am hinteren Ende entsprechend tief), ein Nichtschwimmerbecken, das sich offiziell „Lehrschwimmbecken“ nennt, ein Planschbecken mit niedlicher Minirutsche und ein „Spaßbecken“ das aber vor allem das Ankommbecken für die große Rutsche ist.

Das eigentliche Becken ist dann doch relativ klein. Die Startblöcke sind noch aus Stein (Beton?) und vermutlich ziemlich alt – aber schön anzufassen. Eine große breite Halle, Fensterfronten leider etwas verbaut, ganz ansprechend gestaltet, aber durch das ungünstige Verhältnis von Hallenbreite zu freier Fensterfläche recht dunkel und beleuchtungsbedürftig.

Bonus gibt es für die leicht dreidimensionale Wandinstallaton in naiv-abstraktem Stil, die wohl ein Korallenriff darstellen soll.

Die Wassertemperatur lag laut handbedienter Tafel bei 30 Grad, elektronische Wassertemperaturanzeiger gab es auch, aber – hey, wir sind in Berlin – sie haben natürlich nicht funktioniert.

Auch das Spaßbecken scheint 2017 generalüberholt worden zu sein. Hier liegt nun ein Metallbecken akzeptabler Größe mit einem Art Wasserfall, einem großen Sprudel in der Mitte und mehreren kleineren Düsen. So tragisch diese Feststellung ist: was ein nettes Rumschwadern nach einem anstrengenden Tag angeht, ist das Spaßbecken in Lankwitz das beste was die kompletten Berliner Bäder zu bieten haben.

Publikum


Ein Schwimmbad am Ende der Heide, mit einem eher undurchsichtigen und tendenziell teuren Preissystem, das jetzt auch nicht so stylisch und schick ist wie Schöneberg. Und was soll ich sagen: es war voll. Schwimmer, Kursteilnehmer, Whirlpoolplanschende, diverses Publikum, erfreulicherweise kaum Amokschwimmer.

Das war so alles in allem überraschend nett. Beim Zweitbesuch dann „Spaßbaden“. Woraus der Spaß von Seiten des Schwimmbades bestand, habe ich nicht genau mitbekommen (lag es daran, dass die Rutsche auf war? Dass ein Startblock zum Springen freigegeben war?), aber es war noch voller und die Menschen hatten auf eine nicht-nervige Art Spaß. Viele Menschen, quer durch alle Altersschichten, mit verschiedensten Beschäftigungen und Freude am Leben.

Abends in der Woche dann leerer. Einige Jugendliche, einige jüngere Männer, viele ältere Männer. Noch nie war der Männeranteil in einem Bad so hoch, in dem ich war. Selbst die gefürchtete 2er-Kombo aus plauschenden Rentnerinnen, die vier Bahnen gleichzeitig benutzen, zeigt sich hier in einer männlichen Variante.

Gastronomie




Die Gastronomie mit Identitätsproblemen. Laut Zugang am Parkplatz ist es das „Bistro im Stadtbad“, laut Schild in der Schwimmhalle die „Cafeteria“ und laut Schild im Foyer „Selbstbedienung“. Das Cafeteriabistro ist also sowohl von außen wie auch von innen zu betreten und dementsprechend darauf eingerichtet, nasse Schwimmer zu beherbergen: Kacheln und Metall dominieren. Das Angebot ist sehr traditionell: Würstchen, Burger, Pommes und Slushies. Den Salat, auf den ich eigentlich Lust hatte, habe ich mir nach Ansicht der sehr Wurst- und Burgerlastigen Karte verkniffen, der Kaffee war okay.

Preis


Eines der Berliner Premiumbäder, das heißt der Normaleintrittspreis liegt bei 7,50.

Sonstiges


Quadratisch, praktisch, nett, freundlich etwas langweilig. Was sollte es an da an Sonstigem geben?

Fazit


Ein Stadtbad wie Lankwitz: offensichtlich sind jede Menge Menschen da und es geht ihnen gut. Aber warum? Ein in jeder Hinsicht nettes Bad. Sauber, ordentlich, funktional, die letzte Sanierung scheint nicht allzu lange her zu sein, die Halle ist groß, die Gestaltung ganz ansprechend.

Aber halt auch alles sehr austauschbar und generisch. Für ein Premiumbad mit überraschend wenig Premium. Für's Schwimmen zu teuer und zu unspannend und für’s echte Schwimmen auch mit zu warmem Wasser. Für’s Baden zu wenig Charakter und Stil. Kann man hin, muss man aber nicht.

Keine Kommentare: