Dienstag, 19. März 2019

Hummeln lieben Lungenkraut

Hänsel und Gretel leuchten im UV-Licht. Hildegard von Bingen irrte. Im März tummeln sich Hummeln in den rosa Blüten. Wild bewegtes Leben findet zwanzig Zentimeter über dem Boden statt. Die Blüten sind klein. Das Gewächs bleibt flach. Auch leuchten die Blüten kaum im sichtbaren Bereich.

Die exzentrische Schönheit des Kräutchens erschließt sich erst bei Betrachtung aus der Nähe. Es sein denn, man ist eine Hummel.

Hummeln lieben Lungenkraut


Sind Hummeln großartig? Natürlich sind Hummeln großartig. Müssen wir uns darüber unterhalten? Nein. Insekten sind in. Flauschige-Fell-Insekten erst recht. Selbst die Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde kürte dieses Jahr eine einfache geöffnete "Bienenfreund"-Rose zur Rose des Jahres und auch Dietbert erklärte uns gegenüber seine Hummelliebe.

Die teilte er uns letztens mit, als ich ihn mit einem Esslöffel durch den Garten laufen sah. „Schon an der Outdoorküche?“, fragte ich. "Nein. Das ist Zuckerwasser, um verhungernde Hummelköniginnen zu retten. Ich suche sie!" Eine ehrenvolle Aufgabe, aber wenn wir die Hummeln schon mit einem Flying Buffet am Leben halten müssen, läuft etwas schief.

Auch habe ich wenig Lust den Tag lang mit einem Löffel voller Zuckerwasser durch den Garten zu irren und verhungernde Hummeln zu suchen. Sollen die Hummeln doch für sich selber sorgen! Wir können Rahmenbedingungen schaffen.

Blüten allüberall


Dienstag, 5. März 2019

Kleine Kulturgeschichte der Königsberger Klopse

Ich blicke auf ihn: den Klops der Rätsel. Auf den ersten Blick liegt er einfach und schmackhaft vor mir, der Königsberger Klops. Auf den zweiten Blick löst sich die Einfachheit in Nichts auf, so ähnlich wie das Mehl in der Klops-Sauce.

Die Sache scheint einfach: Königsberger Klopse; fast schon ein Synonym für uninspiriertes Kantinenessen. Neben Ravioli vielleicht das einzige Gericht, das eine dauerhafte Heimat in der Dose gefunden hat: Hackfleisch, Kartoffel, Sahne. Eine Dreieinigkeit des Unheils scheint auf dem Teller zu liegen.

Und doch: ein genauerer Blick lohnt. Angeblich ist der Königsberger Klops das bekannteste Regionalgericht der deutschen Küche – und doch gehört seine Heimatregion Ostpreußen schon lange nicht mehr zu Deutschland. Königsberg (Kaliningrad) liegt über sieben Stunden Autofahrt von der nächsten deutschen Grenze entfernt.



Geprägt wird das Aroma die Königsberger Klopse von einer Geschmackskombination Sardelle-Kaper-Zitrone, die nicht typisch für Deutschland ist. Und von deren Zutaten nicht eine in Deutschland vorkommt. Es handelt sich um ein Gericht, das scheinbar überall in Deutschland ist und das sich seit dem 19. Jahrhundert in verschiedensten Kochbüchern aus allen deutschen Regionen finden lässt – und über das es dennoch kaum Informationen gibt.

Ein untypisches Gericht wird zum „typischen Deutschen Essen“, ein Regionalgericht, das allen Regionen entschwand, ein Gericht, das einfach immer da ist ohne wahrgenommen zu werden. Das Rätsel der Königsberger Klopse.