Mittwoch, 11. Januar 2017

Piratenmeer Büsum. Schwimmen im Wellenbad an der Nordsee.

HO! HO! HO! JoJoJo!. Und ne Buddel Rum! Wer denkt bei einem kommunalem Schwimmbad nicht an Piraten, Papageien und die raue See?
Das Büsumer Schwimmbad ist komplex. Es hat Probleme. Büsum ist ein Touristenort an der Nordsee. Die Idee, das alte Meerwasserschwimmbad "Wellarium" zu erneuern und zu verspaßbaden traf eine Stadt, die merkte, dass die Zahl der Touristen stets abnahm und diejenigen Touristen, die kamen, immer älter wurden.



Die Eröffnung des Piratenmeers 2004 war eine Verzweiflungstat. Gerade die frühen 2000er waren eine Zeit, in der Büsum ein gewisses Talent für glücklose Verzweiflungstaten hatte. DAS Prestigeobjekt der damaligen Zeit, die Sturmflutenwelt "Blanker Hans" wurde mittlerweise trotz des damit einhergehenden Gesichtsverlustes geschlossen. Das Piratenmeer existiert weiterhin. 




Anziehen soll das Piratenmeer Touristen. Schwimmen ist hier weder möglich noch gewollt. Im Piratenmeer geht es um Entertainment. Als Einheimischer geht man zum Schwimmen in die überraschend großartige Dithmarscher Wasserwelt im benachbarten Ort Heide. Im Piratenmeer werden arglose Kurkröten abgefischt. Das Bad selbst geht dabei auf ein deutlich älteres Warmwassermeerbad von 1883 zurück, das seit 1896 von der Gemeinde Büsum betrieben wird. Seit 1967 war es "Meerwasserwellenbad", später dann "Wellarium", heute Piratenmeer.

Unsere eigenen Erinnerungen an das Becken waren nicht so gut. Der letzte Besuch endete mit einer verlorenen Brille und einem zerstörten Ring. Aber man soll es ja immer öfter versuchen. Dieses mal waren es dann eine durchaus abwechslungsreiche Mischung aus Hochs und Tiefs.

Gebäude


So verbaut wie das ganze ist, muss das ganze Gebäude noch aus der Schwimmbad-Inkarnation vorher stammen, welcher dann mühsam ein neuer Inhalt und ein neues Konzept eingebaut wurde. 1967 wirkt als Baujahr deutlich überzeugender denn 2004, so wie es sich anfühlt und wie es wirkt. Ein großes Gebäude direkt am Deich. Das eigentliche Becken und der Eingangsbereich sind auf Höhe der Deichkrone und bieten Blick aufs Meer. Umkleidekatakomben und Parkplätze sind auf Höhe des Deichfusses. Neben dem Bad befindet sich noch das Restaurant "Captain Hooks Kajüte" im Gebäude.



Der Eingang führt nach links ins Restaurant, nach rechts zur Kasse. Das wirkt alles eher beengt und unübersichtlich. Ein wenig verbaut halt.

Umkleiden/Duschen


Durch sieben Katakomben musst Du krauchen... Am Eingang gibt es einen Chip, der bereits fest einem Schrank zugeordnet ist. Der Weg ins Bad führt eine enge, steile Treppe hinab in eine Art Umkleidekeller (wenn ich das Gebäude richtig interpretiere tatsächlich kein Keller, sondern auf Straßenniveau, davon ist aber nichts zu merken), dann durch eine Kabine und danach auf die Suche nach dem Schrank. Dann gehe man lange geradeaus, versuche nicht verwirrt wie ich ausversehen fast in der Mädchen-Sammelumkleide zu landen - biege um die Ecke und verlasse die Umkleidekatakomben wieder über eine steile Treppe.

Was ich quasi noch nie gesehen habe  - also zumindest in keinem Bad, das nach 1950 gebaut/grundsaniert wurde - am Ende der Treppe steht man direkt am Becken. Die Duschen hingegen sind gut versteckt und bedürfen noch einmal einer Umdrehung. Ob hier viele Menschen duschen? Da hilft auch die Aufschrift an der Treppe nicht mehr, die zum Gründlich-duschen auffordert.

Immerhin: Im Gegensatz zu manch anderem Bad - hallo Schöneberg, hallo Oranienburg - haben die Büsumer es geschafft, Kacheln zu verlegen, auf denen man auch barfuss Halt hat und nicht noch Treppenrutsch-Herausforderungen meistern muss. Laufen geht hier in Büsum barfuss gut,

Schwimmhalle


Verbaut ist ein Adjektiv, das mir beim Denken an dieses Bad doch desöfteren einfällt. Gar nicht so einfach alle Becken zu finden. Zentral und nicht zu übersehen - das Wellenbecken. Wahrscheinlich 25 Meter lang, mit Wellenmaschine und Meerwasser. Spektakulär, aber dazu später mehr.

Dann ein Außenbecken - klein, aber nett, da direkt am Deichweg gelegen. Insbesondere im Winter, wenn die Leute, die sich in ihren dicken Jacken zusammenkauern um den Wintersturm möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten - quasi direkt neben einem umherschleichen - während mal selbst im warmen Wasser abhängt. Luxus! Noch mehr Luxus: der Zugang ist ziemlich versteckt, anscheinend fndet das kein Gast. Fast inmer hat man das Becken für sich alleine.

Daneben dann noch diverse kleinere und flachere Warmwasserbäder mit Sprudeln und Massagen und sowas: ihre Anordung im Raum habe ich nicht verstanden. Sie sind halt irgendwo. Dazu noch mindestens zwei Babybecken. Besonders: der Liegestrand. Ein Stockwerk höher befindet sich eine kleine Stellfläche mit Liegestühlen von denen aus man auf Strand und Wattenmeer schauen kann. Nice.



Zurück zum Wellenbad. Ein Meerwasserbecken, soweit ich in Erfahrung bringen konnte, auch tatsächlich gespeist mit echtem Meerwasser, das aus dem Watt in das Becken gepumpt wird - vorher natürlich gereinigt, gechlort etc.

Die Leute an der Nordsee kennen sich mit Wellen aus. Das ist nicht dieses auf- und ab. Gewippe wie ich es aus dem meisten Wellenbädern kenne - hallo Oranienburg, hallo Kreuzberg. In Büsum brechen echte Sturmwellen über Einem. Wellen, die sich an den Wänden hin- und herwerfen und einen unvorsichtigen Badenen von den Beinen heben können. Wellen, die auch über einem Erwachsenen von oben hereinbrechen, Querstörmungen, die Wucht des Wassers. Ich stehe voll auf sowas. Aber ich habe die Ahnung, das ist nicht jedermanns Sache, und - wenn man nicht aufpasst - durchaus brillen- und ringschädlich.

Nebenbeobachtung: da die Wellen reichlich hoch sind, braucht es auch eine dementsprechende Höhe von der Wasserfläche hin zum Beckenrand. Wenn die Wellen ausgeschaltet sind, schwimmt man im tiefen Tal, Beckenrand und Tageslicht sind weit entfernt.
 

Publikum 


Touris halt. Einheimische gehen eher nach Heide. Wenig überraschend viele Familien und Kinder.

Gastronomie:


Captain Hook's Kajüte. Auf der einen Seite (landseits) ein echtes Restaurant am Deich mit dem was der Nordsee-Tourist halt so mag. Auf der anderen Seite (wasserseits) Schwimmbadgastronomie mit Pommes, Currywurst und - wir sind ja an der Küste - Krabbensuppe und Backfisch. Beide Bereiche sind baulich getrennt. Bezahlt wird unten am Wasser per Chip, in Bargeld darf man das ganze dann am Schwimmbadausgang entrichten.

Preise / Öffnungszeiten

Montag: 8-19 Uhr
Rest der Woche 12-19 Uhr

Schwimmen kostet 6 Euro plus Kurtaxe (Hauptsaison 3 Euro, Nebensaison 1,50 Euro).

Sonstiges


Die Wasserutsche führt mitten durch die Hallen an einer Wand entlang. Auf der Rutsche sitzen drei Piratenfiguren. Mehr piratisches sah ich nicht.

Fazit


Hm. Die Umkleidekataomben haben was Klaustrophobie-Triggerndes. Das Schwimmbad in Heide eiget sich zum Schwimmen. Das Solebecken dort ist größer, das Außenbecken um Klassen besser. Und das Bad in Heide ist auch noch preiswerter. Eigentlich gibt es nur zwei Gründe, nach Büsum zu fahren: die Monsterwellen und den Blick auf den Strand. Kann man hinfahren, muss man aber nicht.

Immerhin, mittlerweile ist das Piratenmeer keine Verzweiflungstat mehr, sondern ein nettes Zusatzangebot in einem sich entwickelnden Ort. Seit den 2000ern hat Büsum tatsächlich die Wende geschafft.Heute  wirkt die Stadt wie im Hier und Jetzt befindlich, jedes mal wenn ich mal wieder vorbeischaue scheint sie voller und die Touristen jünger. Direkt am Strand: das Piratenbad, Denkmal einer schwierigeren Zeit, mit hervorragendem Deichblick und unübersehbar. Großartiges und Furchtbares direkt nebeneinander. Ein schwieriges, aber auch ein interessantes Schwimmbad.

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