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Sonntag, 19. Dezember 2010

Vom Nachttisch geholt: der persönliche Bücher-Rundumschlag

Hier gibt es nicht nur offene Tabs, sondern auch geschlossene Bücher. Es folgt ein Rundumschlag durch die Lektüre, die sich in letzter Zeit ansammelte.

Noel Behn. The Kremlin Letter. World Books 1968. Das Buch verdanke ich den stets empfehlenswerten Five Books, in diesem Fall glaube ich der Empfehlung von vergessenen Cold-War-Thrillern. Das Buch immerhin ist durch den Film nicht so ganz vergessen. Handlung: eine Gruppe Freelance-Agenten aus den USA wird umfangreich vorbereitet und dann in den Jahren des Nach-Stalinismus nach Moskau geschleust, um einen geheimnisvollen Brief aus höchsten Westkreisen an einen Kreml-Machtaspiranten wieder zu beschaffen. Wie es sich gehört gibt es viel Verrat und verratene Verräter und menschliche Abgründe.

Kurz gelesen nach Mills (s. unten) war dies jedoch irgendwie enttäuschend. Direkt nach dem wirklich schwarzen und bitterem Realismus von Mills, hatte ich zu oft das Gefühl doch in einer James-Bond-artigen Traumwelt zu leben, in der Übermenschen durch die Gegend laufen. Schon nicht ungeschickt, wie sich das Übermenschentum im realen Einsatz immer mehr abnutzt, die Menschen immer menschlicher werden und die Gegend immer grauer und trauriger. Ausnehmend clever konstruiert ist das auch. Aber irgendwie fehlte mir bei all der Cleverness der emotionale Gehalt. Schon am Anfang war ich unfähig, zu einem Charakter eine emotionale Bindung herzustellen, und so saß ich da eher vor. Sicher gute, unterhaltsame, dunkle Lektüre, aber auch sicher nichts für die Insel.


Juli Zeh. Schilf (Affiliate Link / Werbung) Schöffling & Co. 2007. Neben Mills die zweite dringende Leseempfehlung dieser Seite. Nachdem ich mich schon andauernd auf Juli Zeh berufe, versuche ich jetzt auch langsam, mehr von ihr zu lesen.

Die Hauptfigur von Schilf ist der theoretische Physiker Sebastian, der zu einem Mord erpresst wird. Nebenfiguren sind sein Freund und Rivale Oskar, eine überehrgeizige Kommissarin, ein Kommissar mit tödlichen Kopfschmerzen und die Frage wieviele Universen es gibt, und ob wir in mehreren gleichzeitig sein können.

Gleichzeitig wirklich und unwirklich, intelligent genug aufgebaut, dass ich das Buch eigentlich noch mehrmals lesen müsste, um das in Gänze würdigen zu können, strudelartig hineinziehend. Mehr als einmal bringt es mich dazu, liebgewordene Annahmen zu hinterfragen, und sprachlich ist es wie jedes Juli-Zeh-Buch bisher ein einziges Highlight. Gripping.

Anja Marschall (Hg.): Matjes mild bis makaber. Deich Verlag, Glückstadt. 2009. Ehrlich gesagt, bin da ein leichten Täuschung aufersessen, dachte ich doch, es gäbe zumindest etwas zur Kulturgeschichte im Buch. De facto ist es aber eine reine Sammlung von Kurzgeschichten, in denen irgendwo ein Matjes vorkommen muss. Und obwohl ich ja eigentlich wirklich Fan davon bin, wenn Leute selber etwas machen, und unter die Leute bringen, war ich hier doch relativ enttäuscht. Der Matjes an sich spielt meistens nur eine Nebenrolle, fast immer könnte er problemlos durch Kaffe, Rinderbraten, Kohl wasauchimmer ersetzt werden, ohne dass die Geschichte sich veränderte. Sprachlich ist es meistens sehr beschränkt und die überraschendne Pointen.. Naja.. Leicht geschockt war ich allerdings als ich am Ende las, dass fast alle Kurzgeschichtenautoren eher professionell schreiben. Immerhin: mit Herzblut und so richtig schlecht kann ich solche Bücher nicht finden.

Michael Ende. Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. (Affiliate Link / Werbung) Thienemann. 2004. Nachdem ich Jahrzehnte nur die Fernsehversion des Buches kannte, wurde mir jetzt endlich mal Buchversion aufgedrängt. Die Geschichte an sich setze ich als bekannt voraus, für spannende Zwischentonsuche empfehle ich die zB die FAZ, für mich war es jetzt eine sehr nette Lektüre, die auch mit Altersabstand nichts von ihrer Faszination verloren hat. Hätte es nicht leicht abwertende Konnotationen, würde ich ja sagen, unglaublich niedlich. Aber tiefer. Einfach zauberhaft.

Archaeonaut 7. Stadt und Kloster Riesa. Archäologie und frühe Geschichte. Landesamr für Archäologie. Dresden 2007. Leider - wie zu viele historische Texte - geschrieben ohne jede Rücksicht auf Leser. Habe mich bis zum Ende durchgequält, aber wenn man nicht eh schon Spezialist für Riesaer Frühgeschichte ist, ist das fast unzumutbar.

Manning O'Brine. Mills. Corgi Books 1969. Das andere Buch von den Five Books. Während es dort vor allem als liebenswerte Schilderung Italiens angepriesen wurde, ist mir dann doch zuerst aufgefallen, dass jeder Deutsche im Buch entweder Nazi oder ausgesprochenes Charakterschwein ist - meistens beides - und außerdem spätestens zwei Seiten nach dem Deutschen-Outing als erschosssen wird.

Das Buch steckt noch tief in den Nachwehen des zweiten Weltkriegs. Mills, die Titelfigur, war ehemals als britischer Agent bei den italienischen Partisanen, ist danach in den Secret Service der Nachkriegszeit gegangen, sein Herz gehört aber weiterhin Italien. Neben seinen Tätigkeiten als britischer Agent sucht er so quasi freiberuflich ehemalige Nazis, und als er einen von denen in einer der eindrucklichsten Anfangsszenen eines Buch umbringt, hat er plötzlich alle wichtigen Geheimdienste auf den Spuren. Die Glauben, dass der Deutsche noch ein Geheimnis hatte, dass nun Mills meistbietend verkaufen will. Mills wiederum liefert sich mit den diversen Geheimdiensten eine Katz- und Mausjagd quer durch Italien. Die Vergangeheit des zweiten Weltkriegs steht übermächtig über dem Buch, die Handlungen sind lebendig, die Szenen ergreifend. Ein kurzes, aber intensives Buch,

Riesaer Geschichten. Ein Bummel entlang der Hauptstraße. Jahreszahlfindichnicht. Das allerdings ist ein liebenswertes Heimatkundebuch, wie ich es gern öfter sehen würde. Die Riesaer Hauptstraße ist, wie unschwer zu erraten, die Hauptstraße in Riesa. Zu fast jedem Haus gibt es eine kurze archivfundierte Geschichte, und sowohl historische wie auch aktuelle Fotos. Wo vorhanden kommen Zeitzeugenberichte dazu, und eine kluge lesenswerte Zitierweise der Quellen. Insgesamt in seiner Gründlichkeit bewundernstwert, beim lesen wird die Straße lebendig, und beim Durchschlendern ist diese Stadt eine andere als vorher. Soviel reicher als vorher, soviel spannender, bewegter. 

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Dienstag, 28. September 2010

Umberto Eco im Jahre 1995 fast über Google Books

Leider hat es ja im Urlaub nicht geregnet, so dass ich im strahlenden Sonnenschein kaum dazu gekommen bin, alle mittransportierten Bücher auch durchzulesen. Glücklicherweise hat es für ein besonderes Kleinod gereicht. Umberto Ecos "Gesammelte Streichholzbriefe" bei dtv. Das Buch stellt Kolumnen zusammen, die unter ebenjenem Titel in den 1990ern in L'Espresso und teilweise auch in der Zeit erschienen.

Die Streichholzbriefe sind allesamt spannend, wirken in der Technik, die Eco als gegeben beschreibt eigentümlich museal, in seinen Visionen und Möglichkeiten scheint mir das Buch aber immer wieder auch der heutigen Debatte noch voraus.

Der spezielle Google-Books-Streifholzbrief, der mich besonders interessiert, trägt den Titel "Das Buch, ein technisch vollendetes Meisterwerk." Eco berichtet von einem Technologiekongress in San Marino 1994 und der darauf folgenden Film-Biennale in Venedig, die sich darum drehten, ob neue Technologien das Buch überflüssig machen würden.

Allein seine Gedanken in die Richtung sind sehr aufschlußreich und aus 16 Jahren Zeitgewinn heraus beurteilt erstaunlich weitsichtig, immerhin sprach man damals noch von "Hypertexten auf Diskette". Andererseits sieht er auch Potenziale. Über den Volltreffer den er gelandet hat - in einem Jahr als beispielsweise ich noch damit beschäftigt war, über in Computerzeitschriften abgedruckte Telefonnummern ein Heidengeld für mäßig interessante Mailboxanrufe auszugeben - verblüffen mich jetzt auch beim zweiten Lesen.

Eco: "Andererseits wäre es überaus praktisch, wenn man vielbändige Enzyklopädien auf CD-Rom hätte ... per CD lassen sich beispielsweise die Artikel über Platon und Aristoteles miteinander vergleichen, ohne daß man sich einen Tennisarm holt, indem man zwei dicke Wälzer auf einmal an den Schreibtisch schleppt."

Weiter im Text:

"Nehmen wir also an, alle Bücher aller großen Bibliotheken würden mit einem Scanner aufgenommen ... Das würde heißen, ihr ganzer Inhalt, samt Typographie und Seitenumbruch würde ich das Gedächtnis eines zentralen Computers eingespeist. Erstes Ergebnis: Diese Bücher würden vor der fatalen Zersetzung des Papiers bewahrt.."

In Ecos Vision geht man in Bibliotheken, wo Hochleistungsdrucker, die automatisch auch Schriften vergrößern, Gotische in Lateinische Schrift umwandeln können etc. Für Papier und Druck bezahlt man, ein Teil des Geldes kommt an Autor und Verlag.

"Ein einziger Raum wird Säle, Regale, Personal und Kontrollen ersetzen. ... [W]er ein vergriffenes oder schwer auffindbares Werk lesen oder nachschlagen will, bekommt das Äquivalent eines Faksimilie-Drucks ins Haus geliefert, ohne sich in Lesesäle bemühen zu müssen. Mithin werden die Bücher nicht verschwinden: Sie werden leichter zugänglich sein."

Chapeau.

Sonntag, 5. September 2010

Schafe und Bücher hängen intrinsisch zusammen


Das Schaf-Buch-Netzwerk ist für all die gebildeten Menschen da draußen vermutlich keine Überraschung. Ich hätte es mir eigentlich auch denken können, habe es aber natürlich nicht. Dank des nettes Blogpostings "Why are books so big? (Google Penance)" des ebenfalls sehr nett aussehenden Blogs Got Medieval, bin ich jetzt schlauer. Ein Taschenbuch ist ein Sechzehntelschaf, ein Hardcover ein Achtelschaf.

(via Neatorama, Wired und wo man halt so abbloggt)