Donnerstag, 9. Juni 2016

Sommerbad Wilmersdorf. Schwimmen im Lochow

Yeah!  Es ist Freibadsaison. Endlich an Wind und Sonne, raus ins Grüne, Rasen, Pommesgeruch und bewegte Luft. Da ich die Berliner Bäder immer noch nicht davon überzeugen konnte, die Freibäder von März bis Dezember zu öffnen, wird es jetzt Zeit. Zuerst einmal natürlich ins persönliche Stammbad: das Sommerbad Wilmersdorf.

Berlin sommerbad wilmersdorf eingang 22.05.2011 17-04-30

Entstanden ist das zeitgleich mit dem bekannteren Kreuzberger Prinzenbad öffnete es 1956. Es wurde gebaut auf dem Gelände eines ehemaliges Gaswerks. Heute liegt es inmitten eines größeren Sport/Parkbereichs zu dem auch noch das Stadion Wilmersdorf gehört. Irritierenderweise befindet sich das Bad gar nicht in Wilmersdorf, sondern in Schmargendorf. Ältere Berliner sollen das Bad auch Lochowbad nennen, nach einer vorbeiführenden Straße, die bis 1968 Lochowdamm hieß. Von diesen älteren Berlinern habe ich aber noch keinen getroffen.


Gelände

20.000 Quadratmeter Liegewiesen. Platz! Es sei denn man kommt bei über 30 Grad. Vom Eingang geht es direkt zu Umkleidebereichen/Duschen etc. Dahinter sind die Becken, dann kommen die Wiesen. Ein Grund, warum ich Freibäder mag: die Anmutung von Raum wird hier betont. Als kleinerer Park ginge das Bad auch durch.

Die Becken sind von dunklen Hecken eingefasst, was einen schönen Kontrast zum Hellblau des Wassers ergibt. Mein besonderer Liebling ist aber der Eingangsbereich, der einerseits nach 50er-Jahre-Leichtigkeit aussieht, andererseits auch nach Strand und Urlaub. Anscheinend wurde der Eingangspavillon seit seinem Bau kaum mehr verändert. Dazu kommt im Eingangsbereich noch ein schicker Brunnen mit Bär, ein Rosenbeet -und Lavendel  selten kriegen Berliner Bäderbetriebe einen Eingangsbereich hin, bei dem ich mich willkommen fühle.


Sommerbad wilmersdorf brunnen

Umkleidekabine/Dusche/Fön

Der Umkleide- etc. -bereich sollte bitte sofort unter Denkmalschutz gestellt werden, so wunderbar wie er aus der Zeit gefallen ist. Die Umkleidekabinen sind aus Holz und stilistisch noch weitgehend identisch mit den älteren Umkleidekabinen der Vorkriegsvolksbäder. Daneben Schließfächer (Schloss bitte selbst mitbringen), die neueren Datums zu sein scheinen, in ihrer unaufdringlichen Funktionalität aber gut zum Rest passen.



Erstaunlich, dass es der Umkleidebereich schafft, selbst bei 30 Grad immer kühl und feucht zu sein. Die Toiletten und die Duschen - dem Schild nach noch "Brausen" - sind eher neuer. Von der Anmutung eher so Schulsport der 1970er und sehen auch so aus wie unsanierte Schulen der 1970er - ich verdenke es niemand, der sein Duschen auf die Kaltwasserdusche direkt neben dem Bad beschränkt.

Einen (!) Fön habe ich nach längerem Suchen im Herrenbereich dann auch noch gefunden. Für langhaarige Hippies, die bei 20 Grad kommen, scheint das Bad nicht gedacht.

Schwimmbecken

Ein Schwimmbecken, 50 Meter (!), acht Bahnen, umgeben von dunklen Hecken, davon eigentlich immer zwei Bahnen für ernsthafte Schwimmer abgetrennt. Wenn man nicht gerade bei 30 Grad ins Freibad geht, auch immer mit Platz. Manchmal muss man sich halt entscheiden ob man lieber die Kampfradler des Schwimmbads in der Sportbahn über sich ergehen lässt oder das Risiko der kleinen Kinder eingeht, die im restlichen Bereich fröhlich von den Startblöcken hüpfen.

Daneben liegt ein extra Sprungbecken mit 5 und 10-Meter Turm. Es gibt auch noch kleinere, flachere Becken. Diese Becken sind aber so gut in den Wiesen versteckt, dass ich sie noch nie bewusst wahrnahm. Und ich weiss, ich wiederhole mich: aber es gibt doch nichts schöneres als leichten winderzeugten Wellenschlag beim Schwimmen. 


Publikum

Wie das bei Freibädern so ist: unter 25 Grad ist man allein mit drei anderen Menschen und dem Personal, über 25 Grad wird es voll, bei 30 Grad muss man leider mit Handtuch im Becken stehen, weil es keinen anderen Platz mehr für das Handtuch gäbe und man sich auch nicht mehr wirklich bewegen kann. Immer wenn ich da war, egal bei welchem Wetter, war die Stimmung angenehm entspannt. Das Publikum wesentlich ist jünger und diverser als in Hallenbädern, erfreulicherweise auch mit wenig stressigen Jugendlichen, dafür mit vielen lauten Kindern und nicht-so-stressigen-Jugendlichen. Über Jahre beobachte ich nun mittlerweile bei jedem zweiten Besuch den wirklich sehr sehr braungebrannten älteren Herrn mit wechselnden Partnern beim Freiluftschach.

Gastronomie

Pommes, Burger, Wurst etc., was ich halt im Freibad erwarte. Der "Snackpoint" wurde dieses Jahr umfassend renoviert, um nicht zu sagen, neugebaut, seit einigere Zeit auch mit neuen Tischen, Stühlen etc. Auch sonst scheinen die Snackpoint-Betreiber engagiert: es gab schon lustige Fotoaktionen, dieses Jahr wenn ich es recht mitbekommen habe ein Konzert und man ihnen von Jahr zu Jahr zusehen, wie sich etwas tut. Freundliche Mitteilungen auf den Schildern können sie auch,

Preise/Öffnungszeiten

5,50, das Übliche in Berlin.

Täglich 7 bis 20 Uhr! Extra in dick und mit Ausrufezeichen: es gibt neben Schöneberg noch ein Bad, bei dem man sich tatsächlich merken kann wie es geöffnet hat,

Sonstiges 

Die Morgenpost schreibt "das Sommerbad Wilmersdorf und ist sehr gepflegt und hat einen freundlichen Charakter." Den freundlichen Charakter unterschreibe ich sofort. "Sehr gepflegt" ist allerdings nur ein passendes Attribut, wenn der einzige Vergleichsmaßstab die anderen Berliner Bäder sind.


Eine Sondererwähnung gilt noch den Fahrradständern, die ich ebenfalls in die späten 70er/frühen 80er verorten würde. Entstanden als der Kreuzberger Bügel noch nicht verbreitet war, den Menschen aber schon bewusst wurde, dass man am älteren Felgenbrecher ein Fahrrad nicht vernünftig anschließen. Mit Kette zum anschließen. Habe ich noch nie woanders gesehen, ist aber jedes mal unterhaltsam

Weiterlesen:


Die Sammlung aller Iberty-Schwimmbadposts findet sich unter: Schwimmbäder nah und fern: Rückblick und Ausblick

Dem alten Lochowbad des späten Westberlins widmet Tanja Dückers ein Kapitel in ihrem Buch Mein altes West-Berlin, Berlin: be.bra verlag 2016. Viel hat sich seitdem geändert. Ist das Bad Wilmersdorf nun eines der saubersten, ordentlichsten und anständigsten Berliner Freibäder war es damals ein "Loch" mit Spritzen, die man finden konnte, ungemähten Wiesen und dem Stadtfuchs. Lange scheint es her.

Update 2017


Der Originalpost  stammte aus dem Juni 2016 und seitdem ist doch einiges passiert, fast wirkt es so als hätten die BBB diesen Blogpost gelesen.

Die Fahrradständer wurden zumindest teilweise ersetzt. Durch ein ebenso originelles wenn auch nicht ganz so improvisiert wirkendes Modell:



Nachdem ich ja meinte, dass "Lochow" als Begriff vielleicht nicht so bekannt ist, steht jetzt am Eingang eine Bank, die noch mal auf den Namen hinweist. Wie auch an der "Rixe", dem Sommerbad Mariendorf, nicht zu verwechseln mit dem Sommerbad am Kombibad Mariendorf ("Ankogelbad")



Der Snackpoint hat sich noch einmal vergrößert, nimmt langsam den kompletten Bereich zwischen Herrenumkleide und Schwimmbecken ein.

Und vollkommen übersehen hatte ich bisher die Duschen. Was ein Versäumnis! Halb oben Air, mit Dach und Wänden aber einem größeren Streifen nichts zwischen beiden und dieser wunderbaren 50er-Jahre-Fisch-Bemalung. Nie weiter kalt duschen am Beckeneingang sondern immer zu den Fischen!

1 Kommentar:

Anke hat gesagt…

Ich kenne das Bad auch als Forckenbeckbad, oder Bad an der Forckenbeckstraße :-) so heißt nämlich die zugehörige Bushaltestelle! Wo man als Jugendliche ja ankommt!