Mittwoch, 20. April 2016

Laut nachgedacht: Mapping Wikipedia

Mal in die Gegend gedacht: wo es bei Wikipedia hängt, wo Probleme sind, und dass es etwas mit Tonfall zu tun hat: den Eindruck haben ja viele. Aber kann man da vielleicht etwas vom gefühlten Problem wegkommen und das ganze konkreter und handhabbarer machen?

Mal als Idee:

Man nehme 10 sogenannten Funktionsseiten, also Seiten, die mehr oder weniger alle Wikipedia-Schreibenden betreffen und an denen sie vorbeikommen können: Löschkandidaten, Meinungsbilder, Vandalismusmeldung, Fragen zur Wikipedia, Adminnotizen.. vielleicht der Einfachheit halber die Zehn mit den meisten Beobachtern.

Dann lasse man einerseits ein paar automatische Auswertungen drüberlaufen: Tonfall, Zahl der Beteiligten, Zusammensetzung der Beteiligten (Admins, Poweruser, Gelegenheitsuser, Newbies), Austausch oder Nicht-Austausch der Gruppe über die Zeit.

Zum anderen befrage man Wikipedianer verschiedener Gruppen welchen Eindruck sie von der Seite haben: hilfreich / sinnvoll/ abschreckend/ motivierend etc.

Wenn es gut läuft, hat man dann eine ganze Menge Daten, die man korrelieren kann: man weiß besser, wo es mehr Probleme gibt und wo weniger und womit diese eventuell zusammenhängen. Das nun wiederum könnte helfen, die Probleme besser zu lösen.

Zum Teil kommt dabei sicher das raus, was schon immer alle ahnten. Selbst da wäre es aber nicht schlecht, das mal belastbarer und sicherer geahnt zu haben. Und wie das immer so ist: Methode dient dazu, sich selbst zu überraschend: zum Teil gibt es sicher auch überraschendes. Wäre vielleicht mal einen Versuch wert.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber mittels wissenssoziologischer Hermeneutik von einer Gruppe analysieren lassen. Aber dann nicht zehn, sondern wirklich nur die zwei oder drei wichtigsten.

dirk franke hat gesagt…

Hm. Ich bin mir da nicht so sicher. Einerseits ist das was "Wissen erwerben über Wikipedia" angeht, mindestens genauso gut. Nur habe ich Zweifel, dass die Gruppe derjenigen, die das Ergebnis wirklich versteht sonderlich groß wäre. Womit es dann schwierig wäre, allgemein akzeptierte Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Und -das ist jetzt eher ein pragmatisches Argument - das Studiendesign von der Vorderseite würde ich mir prinzipiell zutrauen, bei wissensozilogischer Hermeneutik müsste ich entweder passen oder mich noch einmal sehr intensiv einlesen.

Anonym hat gesagt…

Wissenschaft entzieht sich per definitionem dem Nützlichkeitsdenken. Zur Methode ist [[Hermeneutische Wissenssoziologie]] als Einstieg zu empfehlen. Den hat Reichertz selbst geschrieben. Soeffner schreibt aber auch sehr leserfreundlich. Letztlich ist ist die Wahl der Methode dann aber wohl doch eine Typfrage. Ich hab keine Ahnung in welcher Methodentradition du akademisch sozialisiert wurdest.

Uwe Rohwedder hat gesagt…

Ich bezweifle, dass diese 10 meistbesuchten Funktionsseiten wirklich repräsentativ für "die" Wikipedia sind. M.E. sind sie eher ein Sammelpunkt für die "üblichen Verdächtigen" (also mehr Poweruser als Normalos oder gar Newbies). Ich kann mich noch gut an eine Zeit erinnern, als ich jahrelang einfach nur in meinem überschaubaren thematischen Artikel-Umfeld vor mich gewerkelt habe, ohne je mit Admins, Trollen, Sockenpuppen u.a. Problemaccounts in Berührung zu kommen.

Mit anderen Worten: Eine solche Auswertung wäre wieder nur eine weitere Selbstbespiegelung des "inner circle" (die ca. 1000 Leute mit mehr als 100 Edits/Monat), den wir schon recht gut kennen, zum großen Teil sogar persönlich. Hingegen wissen wir so gut wie nichts über die 20.000 "Aktiven Benutzer" (https://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Aktive_Benutzer) mit weniger Edits, geschweige denn über die ungezählten (weil nicht erfassbaren) Gelegenheitsnutzer, die kommen und gehen und trotzdem zum großen Ganzen beitragen.

dirk franke hat gesagt…

@Anonym: Naja, wenn ging es nicht darum, Wissenschaft zu machen um Wissenschaft zu machen, sondern darum etwas halbwegs nützliches rauszufinden und dazu auf mehr oder weniger wissenschaftliche Methoden zurückzugriefen. Ich glaube um Grundlagenforschung oder Wissenschaft pour l'Wissenschaft sinnvoll machen zu können, bin ich tatsächlich zu weit raus.

@Uwe. Klares Jein. Die Selbstbespiegelung - wir können auch sagen Selbstreflexion - des Inner Circle ist ja an sich nicht schlechtes. Sie leidet halt daran, sich extrem im Kreise zu drehen und nicht voran zu kommen. Vielleicht wäre etwas mehr fundierte Substanz als "ich glaube dass.." da vielleicht nicht der schlechtestwe Weg. Aber ich glaube auch du hast recht: die Wege und das was Newbies und Gelegenheitswikipedianer lesen und wo sie unterwegs sind unterscheidet sich vermutlich deutlich von denen der Wikifanten - was auch immer man wissen will, man sollte sich vorher entscheidne

Uwe Rohwedder hat gesagt…

Was mich mal interessieren würde: Wie verteilen sich eigentlich sämtliche Edits auf Artikel- vs. Metabereich? Es gibt laut https://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Statistik weitaus mehr Disk.- und Metaseiten als Artikel, und zumindest auf meiner subjektiven Beobachtungsliste habe ich regelmäßig den Eindruck, dass im "Metabereich" deutlich mehr los ist als in den Artikeln. Was aber auch daran liegen kann, dass ich besonders oft frequentierte Meta-Seiten und eher "nischige" Artikel auf "Beo" habe. Deshalb wäre eine overall-Statistik mal ganz hilfreich.