Sonntag, 22. Mai 2011

Stell Dir vor, jemand verklagt Deinen Steiß. Mike Tyson, Tätowierung und #Urheberrecht

Die Randbereiche des geistigen Eigentums sind ja die spannendsten. Dort, wo das System bricht, Inkonsistenzen auftreten, wo zum Beispiel die Frage verhandelt wird, was überhaupt ein Werk ist, und was nicht. Mit besonderem Interesse habe ich deshalb ja vor drei Wochen schon mal auf den Streit um Mike Tysons Tätowierung hingewiesen.

Mike Tyson

In Kürze: Mike Tyson hat im Gesicht ein auffallendes Tattoo, die Macher des Films The Hangover Part II bewiesen nicht nur bei der Filmtitelwahl wenig Originalität verpassten ihrer Hauptrolle in klarer Anspielung auf Tyson (der auch mitspielt) eine sehr ähnliche Tätowierung. Die wiederum ist auf den Plakaten zum Film zu sehen. Mike Tysons Tätowierer nun wiederum besteht darauf, dass seine Tätowierung Kunst ist, dementsprechend per Copyright geschützt, dementsprechend die Imitation und Fotos davon nicht ohne seine Nachahmung möglich.

Die Tyson-Tattoo-Debatte ist heute in der New York Times angekommen, was heißt, dass sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch in ein paar Tagen bis Wochen bei den einschlägigen deutschen Medien auftaucht. Die NYT hat dabei gleich noch ein paar spannende andere Fälle gefunden: David Beckhams Tattoo-Artist gegen David Beckham oder der Tätowierer Matthew Reed gegen Nike, beide außerhalb der Gerichte geklärt. Da da eine Entscheidung aber weitreichende Konsequenzen haben dürfte, noch mal kurz eine kurze vorhergehende Erklärung:

Bisher war der Stand: es gibt kein Copyright auf Tätowierungen, weil noch niemand versucht hat, es durchzusetzen. Rechtlich ist das durchaus nicht sicher, ob es so bleibt. Ist ein künstlerisches Werk weniger Wert wenn es auf Haut statt Papier angebracht wird? Das klingt an sich wenig überzeugend, und das amerikansiche Copyright ist in der Integration neuer Entwicklungen deutlich flexibler als das europäische.

Bernard Gillam14
Gemalte Tätowierung - eindeutig Kunst. Tätowierte Tätowierung?

Andererseits könnten die Auswirkungen weitreichend sein: im Gegenzug hieße das natürlich, dass auch die Tätowierungen selber sich an's Copyright halten müssten: Symbole, die andere erfunden haben, bekannte Bilder, verbreitete Tribals, unbekannte neue Bilder, das Foto der Mutter, dass ein dritter gemacht hat - hallo Anwälte.

Andererseits sind die möglichen Auswirkungen in Bezug auf den Tätowierten noch monströser: wenn es schon verwirrend genug ist, dass einem das Bild, dass man gekauft hat, gar nicht wirklich gehört, wie ist das, wenn mein Arm oder Rücken mir noch nur in Teilen gehört? Der Schwimmbadbesuch dürfte wohl auf jeden Fall weiterhin möglich sein, aber das Foto davon? Das kommerzielle Foto? Der Auftritt im Laientheater mit Eintritt? Die Karriere als Model? Hat mein Tätowierer dann des Rest des Lebens Einfluss darauf, was ich mit meinem linken Arm mache?


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