Donnerstag, 7. Juli 2011

Community-Projektbudget (II): Was ist das Community-Projektbudget

Es fing so schön, so traumhaft an. Wikimedia Deutschland ließ sich dazu herab, tatsächlich mal Anträge aus der (Wikipedia-)Community ernsthaft fördern zu wollen, die Community war begeistert, der Enthusiasmus groß, und das dazu gewählte Gremium arbeitete überraschend zügig und vergleichsweise transparent nach Außen. Doch dann, oh dann, dann passierte soviel, dass das in einen Blogpost gar nicht mehr hineinpasst.

Wer gleich den saftigen Skandal sehen möchte, Tränen und Aufregung, Unfassbares und unfassliche, wer fasziniert zusehen möchte, wie sich ein Vereinsvorsitzender selbst demontiert, gehe gleich zum Link: Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Vorstand und Ausschuss

Wer das Geschichte übersichtlicher lesen möchte, muss sich noch ein paar Posts gedulden, während ich im Urschleim herumsuche.



Die Vorgeschichte ignoriere ich. Nicht, dass WMDE sich schon aufgelöst hat, bevor ich endlich beim eigentlichen Thema bin. Die eigentliche Geschichte begann auf der Mitgliederversammlung am 19. März dieses Jahres. Auf der haben die abstimmenden Mitglieder beschlossen:


Fliege, ob Community-Projektbudget, oh fliege!



Zur Unterstützung von Community-Initiativen zur Förderung Freien Wissens wird ein ständiges Community-Projekt Budget mit folgenden Grundsätzen etabliert:

(1) Über das Budget werden Initiativen gefördert, die geeignet sind, Freies Wissen mit besonderem Schwerpunkt auf die Wikimedia-Projekte zu unterstützen.

(2) Initiativen werden auf Antrag gefördert. Die Mindestförderhöhe beträgt 5.000 Euro.

(3) Grundsätzliche Fördervoraussetzung ist, dass die Initiative nicht vom Verein selbst umgesetzt wird.

(4) Antragsberechtigt ist jede natürliche und juristische Person, die nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis (z.B. Anstellungsverhältnis) zum Verein steht.

Die Zuweisung der Fördermittel erfolgt zwei Mal im Jahr auf Basis aller zum jeweiligen Stichtag vorliegenden Anträge. Über die Zuweisung entscheidet der Vorstand auf Vorschlag des Budgetausschuss, für den folgende Festlegungen getroffen werden.

(1) Der Budgetausschuss besteht aus sieben Personen.
Drei Mitglieder des Vereins werden per Fernwahl gewählt.
Drei Mitglieder werden von der Community der Wikimedia-Projekte gewählt.
Der Schatzmeister ist von Amts wegen stimmberechtigtes Mitglied des Ausschusses sowie bis zur Festlegung der Geschäftsordnung des Budgetausschusses dessen Vorsitzender.

(2) Die Amtszeit der gewählten Mitglieder beträgt ein Jahr.

(3) Entscheidungen trifft der Budgetausschuss mit einfacher Mehrheit seiner Mitglieder.

(4) Die Festlegung von Förderrichtlinien obliegt dem Budgetausschuss mit Zustimmung des Vorstands.

(5) Entscheidungen über die Zuweisung von Fördermitteln werden veröffentlicht.

(6) Der Budgetausschuss evaluiert und berichtet halbjährlich über seine Arbeit.

(6) Für das Jahr 2011 werden dem Community Projekt Budget 200.000 Euro aus den Mitteln des Vereins zur Verfügung gestellt. Für die Folgejahre sind dem Community Projekt Budget im Rahmen des Wirtschaftsplans angemessene Beträge zuzuweisen.

(7) Für die Betreuung des Community Projekt Budgets sind ausreichende Personalressourcen zu schaffen.

Das bisherige CommunityBudget wird mit einer Einzelfördergrenze von max. 4.999 Euro fortgeführt.



Fliege, oh Community-Projektbudget, oh fliege!



Also in Kürze: unabhängiges Gremium, Letztentscheidung liegt beim Wikimedia-Vorstand; eingereicht werden kann alles zwischen 5000 und 200.000 Euro. Damit kann man doch endlich mal was machen.

Die Wahl und Konstitution des Ausschusses ging überraschend zügig. Bei der Wahl der Vereinsmitglieder meldeten sich viele Menschen, die bisher noch nie im Verein aufgetreten sind, und so Außensicht in den Inzuchthaufen Wikimedia bringen können. Für Details gibt es eine Wikipedia-Seite "Community-Projektbudhet", deren Aufgeräumtheit und Transparenz gerne ein Beispiel für andere öffentliche WMDE-Seiten geben darf.

Zumindest ein paar Anträge sind auch öffentlich, Achim hat seine im Freibierblog veröffentlicht. Und auch wenn das Antragsniveau wohl insgesamt durchwachsen ist, kommt es ja nicht auf den Durchschnitt an, sondern auf die Menge der Guten.

Viele spannende Ideen, viele engagierte Leute. Und auch wenn läppische 15% des Gesamtbudgets sicher noch ausbaufähig ist (85% gehen dann ja in Nicht-Community-Projekte), ist das doch ein Anfang. Erwähnte ich schon, wie klasse ich die Idee finde.

Naja, und dann kommt das unsanfte Erwachen, für das es einen oder mehrere weitere Blogposts geben wird.

4 Kommentare:

Marcus Cyron hat gesagt…

Mir ist durchaus klar, daß dieser Artikel vorsätzlich polemisch daher kommt. Aber ich verwahre mich dagegen, daß etwa "Wikipedia trifft Altertum" nicht als Comunity-Projekt gewertet wird. Was sind Martin, Jonathan und ich? Affen? Amöben? Das hat durchaus auch Geld gekostet - und fällt nicht unter das CPB. Und es ist nicht das einzige Projekt aus der Comunity. Hinzu kommt, daß auch etwa das "kleine" Comunity-Budget mit gerechnet werden muß. Seine Rechnung mit 15% ist demnach nachweislich falsch. Aber Leute lesen das und glauben es womöglich. Aber nur um einen lustigen Effekt zu haben, sind derartig falsche Rechnungen nicht OK. Zumal ich dieses "der Verein aber nicht ich" von Vereinsmitgliedern immer sehr skurril finde.

Am Meisten ärgert es mich aber, daß ich mich jetzt hierüber ärgern muß, wo es mich schon genug ärgert, daß sich der 1. Vorsitzende in der Weise demontiert. Und noch mehr, über das ich öffentlich besser gar nicht rede. Vielleicht solltest du deine Beiträge mal wieder etwas weniger pointiert aber etwas mehr sachlicher veröffentlichen. Weniger Effekt, mehr Fakt und Inhalt.

dirk franke hat gesagt…

Erwähnte ich schon, dass Wikimedia einen übersichtlicheren Haushaltsplan gebrauchen könnte.

Also laut diesem Dokument hat WMDE 2011 Ausgaben von 1,428 Millionen Euro. Davon sind 200.000 (Community-Projekt-Budget) genau 14%. Wikipedia trifft Altertum hat meinen Informationen nach sehr hoch geschätzt 15.000 gekostet (ziemlich genau 1%), das Community-Budget sind 20.000 (1.4%). Zusammen 16.4%. Wobei meines Wissens Teile der Finanzierung von WtA aus dem Community-Budget stammen.

Was nicht heißt, dass die restlichen 84% komplett an der Community vorbeigehen - aber das sind Projekte, die weder auf Initiative noch unter Kontrolle der Community stattfinden, sondern durch WMDE.

Anonym hat gesagt…

Du schreibst „Über die Zuweisung entscheidet der Budgetausschuss, für den folgende Festlegungen getroffen werden.“; im Beschluss steht aber „Über die Zuweisung entscheidet der Vorstand auf Vorschlag des Budgetausschuss, für den folgende Festlegungen getroffen werden.“ – das ist ein wesentlicher Unterschied. Woher stammt Dein Zitat?

dirk franke hat gesagt…

Danke, geändert. Da ich aus dem Protokoll-PDF nicht kopieren kann, ist das eine Kopie des Antrags mit händisch eingearbeiteten Änderungen auf der MV; die - tatsächlich nicht unwesentliche - Änderung hier muss mir durchgerutscht sein.