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Mittwoch, 20. April 2011

Früher war auch nichts wirklich besser

Die Editor Trends Study der Wikimedia Foundation bietet eine Menge unterschiedlicher Ansätze, um über Neulinge, Abenteurer, Gäste und Getriebene in der Wikipedia nachzudenken. Im Birchlog geschieht das, und an anderen Stellen ebenso. Irgendwann gelangt man dann ins Anekdotische. Wie war das damals, als ich selbst anfing?

Jemand sagte mal, Alice ist schon länger dabei als ich alt bin. Voll gelogen und ganz nah dran an einer kleinen Frechheit. Und zu den Urgesteinen der Wikipedia gehöre ich nunmal definitiv nicht. Ich wurde Ende 2004 angeschwemmt, auf der Suche nach etwas Sinnvollem, dass ich der Gesellschaft zurückgeben kann. Es hätte einfach sein können, stattdessen habe ich mich zunächst durch Regeln, Anleitungen und Grundsätze gelesen; nein, eher gefressen. Schon 2004 war das eine Herausforderung, denn wie heute war alles verstreut, eher zufällig zu finden. Die ersten vorsichtigen Versuche folgten, angelehnt an Wartungslisten. Dann ein Vorstoß. Angeregt durch einen Ausstellungsbesuch schreib ich einen - meinen - ersten bislang ungeschriebenen Artikel, mit Bildern, deren Nutzung beim Museum nachgefragt wurde. Möglichst korrekt, soweit es den damaligen Gepflogenheiten genügte. Das war aufregend. Ich war mir nicht sicher, was jetzt passiert. Und es passierte ... nichts. Die ersten Bearbeitungen durch andere Wikipedianer erfolgten sechs Wochen nach Einstellung, das waren dann interne Verlinkungen, Weblinks, Formsachen. Und ich saß da und wartete auf irgendeine Reaktion. Die ersten inhaltlichen Überarbeitungen (lang ersehnt) kamen dann im Oktober 2009 durch eine IP. Fast fünf Jahre später!

Erschreckend dennoch, dass trotz der Überarbeitungen Luc Tuymans noch immer als bedeutender Künstler in der Wikipedia zu finden ist. Wer - außer mir in der ersten Version des Artikels - hat das jemals behauptet?

Was aus meiner Anfangszeit auch noch in Erinnerung geblieben ist, ist eine kurze Diskussion um Namens-Konventionen. Es ging um die Verschiebung von Süßkirsche nach Süß-Kirsche (heute spannenderweiser zu finden unter Vogel-Kirsche), worin ich mehr Binde-Strich-Fanatismus als Nachvollziehbarkeit sah. Und im Verlauf keinerlei Notwendigkeit, mich in Fachdiskussionen zu verstricken, die weder wirklich wichtig noch wirklich spannend sind und zu denen ich mangels Fach wenig beitragen kann.

Und so kommt es, dass ich weiterhin Krümmelkuchen mit Sauerkirschen ohne Bindestrich backe und Luc Tuymans lieber im Museum als in der Wikipedia sehe.

Wo die Anknüpfpunkte zur Studie bzw. zu heute sind?

Noch immer
  • wird die Arbeit neuer Autoren zu häufig entweder mit unpersönlichen Bausteinen versehen oder gar nicht kommentiert
  • wird wie selbstverständlich auf Regeln und Vereinbarungen verwiesen, die dem Laien (auch bzw. gerade dem Wikipedia-Laien) nicht bekannt sein können
  • gibt es Einsteiger, die irgendwas an diesem Irrwitz trotzdem so spannend finden, dass sie dabei bleiben, sich artikelübergreifend engagieren, mit ihrem Erfahrungsvorsprung anderen helfen oder sich einfach in die Artikelarbeit stürzen
Noch immer
  • ist nicht bekannt, was ausschlaggebend für die Antwort auf Should I Stay or Should I Go ist
  • ist nicht bekannt, wie das Bleiben aktiv unterstützt werden kann
  • ist völlig unklar, inwieweit die Implantation von mehr Regeln (und ihre gleichzeitige Unauffindbarkeit) Einfluss auf neue und auch auf erfahrene Autoren hat
Viel Luft also für weitere Studien und hoffentlich auch konkrete Ansätze. Sowohl die Wikimedia Foundation als auch die Chapter stehen dabei in der Verantwortung. Und die Community, die das Thema (zumindest in der deutschsprachigen Wikipedia) bislang mit nur wenig Interesse diskutiert.

Freitag, 1. April 2011

Sprich von Dir

Um es mal klarzustellen, ich habe schon gejammert als es die Wikipedia-Editor-Trends-Study noch gar nicht gab, jetzt aber ist Jammern ja voll mainstream.

Soweit ich sehe, gibt es derzeit zwei Problemfelder an denen verschiedene Leute etwas ändern wollen: (1) mehr Newbies anlocken, (2) mehr Oldbies behalten. Wobei (2) vermutlich wichtiger aber auch ungleich schwieriger ist. Für die Newbies gibt es schon eine ganze Menge Programme und Ansätze und so wie ich die Foundation verstande habe, steht auch ein WYSIWYG-Editor sehr weit oben auf der Prioritätenliste. Das gefällt.

Beim zweiten Teil allerdings kann man wohl nur Änderungen herbeiführen, wenn man tief in die Communitystruktur eingreift. Davor schrecken Foundation und WMDE (zurecht) zurück, schafft das doch leicht mehr böses Blut als es hilft. Andererseits scheint die Community da angelangt zu sein, wo auch das deutsche Universitätswesen steht: des Problems bewusst, aber so tief in diversesten Schützengräben verbarrikadiert, dass es komplett unmöglich ist, etwas zu ändern.

Ein paar Grundideen was zu ändern wäre, gibt es seit 2005 mindestens: wir müssen freundlicher sein, geduldiger, der bürokratische Wahnsinn muss abgebaut werden etc. Klappt seit 2005 leider nicht. Immerhin: je weniger Leute da sind, desto weniger Stress und Überforderung, desto mehr Chancen mal mit etwas mehr Geduld auf andere zuzugehen.

Aber ein Artikel von Bastian Greshake (Professoren in sozialen Netzwerken), brachte mich auf eine ganz andere Idee. Der berichtet über eine Studie zu facebook (ich habe die methodisch nicht angekuckt und halte sie mal naiv für valide) und die Profile von Professoren auf facebook. Fazit:

Die Versuchspersonen, die das persönliche Profil zu sehen bekamen, bewerteten die Glaubwürdigkeit der Professorin höher, als jene Personen, die eines der beiden anderen Profile zu Gesicht bekamen. Erstaunlicherweise gab es keinen signifikanten Unterschied für das Profil, welches sowohl mit wissenschaftlichen als auch persönlichen Informationen gefüllt war.


Kompetenz durch Einkaufszettel? Geht mir zwar persönlich gegen den Strich, scheint aber in der Welt so zu funktionieren. Womit wir dann wieder beim Wikipedia/Welt-Konflikt sind. Wenn Wikipedia irgendetwas nicht möchte, dann "persönliche Profile". Für "persönliche Infos" gibt es keinerlei Hilfestellungen. In den Artikel wird militant darauf geachtet, keine Persönlichkeit einzubringen, auf Profilseiten wird schnell der Vorwurf der Selbstdarstellung laut, wenn man zuviel persönliches macht und wer gar einen größeren Anteil seiner Edits dem Persönlichen widmet wird mehr oder weniger freiwillig vor die Tür befördert werden. Alles mit der Begründung der Enzyklopädität.

Nun aber frage ich mich: ist das vielleicht tatsächlich nicht nur sozial schädlich, sondern auch der Enzyklopädität? Mindert es die Glaubwürdigkeit "da draußen", wodurch Leute wegbleiben, die wichtiges beitragen könnten? Würde es die Glaubwürdigkeit erhöhen, auf den Profilseiten keine Artikellisten zu pflegen sondern "Ich beim Baden", "Ich beim Einkaufen", "Ich in meinem Keller beim Schokoladeessen?








Ich beim Pfostenschubbern.









Und da ist der Kulturschock: ey, ich bin Nerd, ich will auf meiner Nutzerseite nur komische kryptische Angaben, die nur eingeweihten verständlich sind. Ich hasse es, mich irgendwó mit Passfoto, Lebenslauf und "ich bin der Dirk" vorzustellen. Goodbye Nerdistan?


* Frage an die Runde: gibt es eine Technik einzelne Artikel aus dem Wikipedia-Kurier sinnvoll zu verlinken?