Donnerstag, 22. September 2011

Wir wählen keine Handwerker: wo das Nuf falsch liegt

Ja, tatsächlich, es gibt sinnvolle Gründe, Piraten zu wählen.

Zur Vorgeschichte: Sascha Lobo schrieb auf einer Website deren Namen ich nicht nennen will einen Essay zum Erfolg der Piratenpartei in Berlin. Kurz zusammengefasst: die Leute haben Piraten gewählt, weil die auch mal zugeben können, etwas nicht zu wissen. Darauf antwortete das Nuf Authentizität schön und gut…

Dabei entstand ein lesenswerter Essay, der sich inhaltlich dagegen wandte, Leute aufgrund vermeintlicher Authenzität zu wählen. Dafür benutzt sie das schöne Bild eines Hausbaus:

Nehmen wir an, ich baute ein Haus. Das Haus sollte Wände, Decken, Fenster und Treppen haben – jedoch beauftragte ich einzig einen Schreiner. Der hatte einen schicken Flyer, ist Fensterexperte und Holzdielen kann er auch verlegen. Mit dem Rest, so bedauert er, kenne er sich derzeit noch nicht so aus, er sei jedoch willens, seine Defizite aufzuholen. Das Geld zum Hausbau überweise ich ihm vorab. Irrational? Seltsam. Immerhin haben vergangenes Wochenende 129.795 BerlinerInnen genau das getan.


Dem würde ich beim direkten Hausbau zustimmen. Allerdings leben wir nicht im direkten sondern im repräsentativen Hausbau. Die Handwerker (die Verwaltung..) entzieht sich der Wahl, wir wählen nur einen Abgesandten, der dann die Handwerker beaufsichtigen und unsere Interessen vertreten soll. Und wenn wir da vor der Wahl schauten gab es einen ganzen Haufen ähnlicher Leute, die alle so halbwegs kompetent wirkten. Die waren aber auch sehr von sich eingenommen, haben die anderen schlecht gemacht, schienen mit allen Handwerkern in engster Verbrüderung zu leben, und hatten zu allem Unglück auch noch Vorstellungen vom fertigen Haus, die den meinen so gar nicht entsprachen.

Bergtierpark Erlenbach Rast- und Spielplatz

Und dann war da der komische Typ am Rande der Siedlung, der voller Enthusiasmus mit einem Hammer und einem Do-it-Yourself-Buch wild vor sich hingewerkelt hat? Und Heidewitzka, er hatte zwar noch keine klaren Vorstellungen vom fertigen Haus, aber seine ungefähren Ideen klangen so ähnlich wie meine. Aber ob den die Handwerker ernst nehmen? Ob er beurteilen kann was sie machen? Ob er ihnen sinnvolle Arbeitsanweisungen geben kann? Andererseits: immerhin brennt er wohl nicht mit meinen Bauausgaben und den Handwerkern zusammen auf die Bahamas durch.

Ich vermute so ähnlich sind die Piratenstimmen zusammengekommen. Anderer fanden beide Optionen blöd und blieben zu Hause. Wieder andere finden die ganze Idee mit der Bauaufsicht blöd, wollen sie abschaffen, und selber Hämmern. Die schreiben dann "Nieder mit dem System" auf die Wahlzettel.



2 Kommentare:

rebhuhn hat gesagt…

das gefällt mir ziemlich gut. eine eigene meinung habe ich aber noch immer nicht, verstehe diesen artikel auch nur als neutrale beschreibung des 'ist'. bzw. des 'wie kam das?!' ;).

dirk franke hat gesagt…

Einige der diversen Gedanken, die mir in der Wahlkabine zwischen "Wahlzettel anzünden" und "Wowereit wählen" kamen, aber vielleicht einer, der interessanter für die Leser ist, als viele andere der Gedanken dort.

Wobei ich als Politikwissenschaftler ja eh erfolgreich gehirngewaschen wurde, um zu denken, dass meine eigene einzelne Stimme sowieso komplett bedeutungslos ist. Weshalb ich dann vor allem so wähle, dass ich mich danach besser fühle.