Freitag, 29. Juli 2016

Große Holzbiene

Ist es eine Hummel? Nein, zu groß. Eine Drohne? Nein, brummt zu laut. Eine Hornisse? Nein, zu blau. Ist es Superman? Nein, zu sehr Insekt.

Es war blau, groß und brummte: Eine große Holzbiene schwirrte um die Wicken. Wobei schwirren deutlich zu schnell und zu hektisch dafür klingt, was das blau-schwarz-glänzende Insekt mit dem possierlichen Pollenkragen veranstaltete. Sie flog gemählich aber zielsicher von der einen Blüte zur nächsten.



Wobei wir beide das Tier nicht erkannten, sondern erst die Hilfe durch den ebenso praktischen wie handlichen Kosmos-Naturführer zur Hilfe nehmen mussten, um sie als Xylocopa violacea zu identifizieren. Was dann wieder die nächste Frage aufwarf: ein Tierchen, dass deutlich größer als eine Hummel ist und dazu noch metallisch glänzt und wir hatten es noch nie bewusst gesehen? Wie kann das sein?





Was ist sie diese Große Holzbiene und wie kommt sie in unser eher beschauliches Gärtchen? Wikipedia klärt auf:

Die Art ist auf Grund ihres Wärmeanspruchs in Kombination mit geeigneten Nistmöglichkeiten in Deutschland in der Roten Liste gefährdeter Arten auf der Vorwarnliste geführt (Kategorie V).. Die Art kommt in Süd- und Mitteleuropa bis in Höhen von rund 500 Meter vor. In Mitteleuropa scheint ihr Auftreten auf wärmebegünstigte Lebensräume beschränkt... Sie besiedelt sonnige Lebensräume mit ausreichend mürbem Totholz als Nistmöglichkeit, insbesondere Gärten und Streuobstwiesen am Rande von menschlichen Siedlungen.

Okay, Garten am Rand menschlicher Siedlungen kommt hin und wärmebegünstigt ist zumindest im Hochsommer eine nette Umschreibung unserer Brandenburger Sommersteppe. Aber trotzdem: wir hatten sie echt noch nie gesehen? Und gefährdet? In unserem schnöden Garten?



Weitere Recherche: das Bienchen galt bis vor noch kurzem (2010/2011) in Berlin als nicht vorhanden und in Brandenburg konnten sich die Insektenfreunde noch über einzelne Sichtungen lange austauschen. Das scheint sich aber geändert zu haben: in denselben Insektenforen herrscht mittlerweile müdes Abwinken wenn mal wieder einer der blau-schwarz-Riesenbrummer auftaucht. Weitere Rechereche: während Holzi 2007 überhaupt das erste mal in England gesichtet wurde, ist sie bis 2010 schon bis in die Mitte des Landes vorgedrungen.



Das Bienchen zieht nach Norden scheint es. Und um das Wort dann auch mal in die Runde zu werfen: Klimaerwärmung.

Weitere Erkenntnisse: Wie die im Blog schon beschriebenen Grabwespen und überhaupt fast alle Wespen und Bienen bevorzug auch Holzi die Kleinfamilie mit einem Nest pro Weibchen. Das Nest liegt aber ausnahmsweise nicht in der Erde, sondern im Totholz. Daher wohl auch der deutsche Name "Holzbiene".

Die Engländer gehen bei der Benennenung tätiger zur Sachen und nennen das Tier "Carpenter Bee" / "Zimmermannsbiene". Da stelle ich mir das Tierchen doch gleich mit einer Säge in der Hand und einem Zollstock im Mund vor. Wäre sicher ein toller Zeichentrickcharakter, die Riesenbiene mit Brille, Zeichnungen im Rücksack und immer am Sägen.. Die Biene kann sogar echtes Sägemehl erzeugen, wenn es sich in das Holz beisst und da mehrere Dezimeter lange Gänge hinterlässt. Kein Wunder, dass sie auch gerne den direkten Weg zum Nektar nimmt und sich durch die Blüte durchbeisst, so die zu eng und klein ist.



Außerdem haben Menschen vor Rieseninsekten Angst, anscheinend gab es schon mehrere Panikreaktionen, die meist zu ungunsten der Biene endeten. Dabei sind diese ausgesprochen friedlich, nicht mal sonderlich scheu und nur in akuter Lebensgefahr bereit zu stechen. Vollkommen unnötig in Panik zu geraten: lieber zuschauen, staunen und sich ein wenig wie in Italien fühlen.


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