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Sonntag, 1. April 2018

Ostern? Hase? Tradition?

Ostern ist blau. Ostern ist grün. Wenn ich tief in mich gehe, was Ostern eigentlich für mich ist, dann entdecke ich die rationale Schicht mit dem christlichen Feiertag, der christlichen Bedeutung ebenso wie der soziologisch-historischen Bedeutung, warum es im Jahr 2018 in Deutschland so gefeiert wird, wie es gefeiert wird.





Die christo-emotionale Schicht


Weiter auf der inneren Entdeckungsreise folgt die christo-emotionale Schicht. Der Restchrist in mir taucht auf, der immer noch ein wenig beleidigt ist, dass Weihnachten das große Fest hier ist – wo diese Stellung doch eigentlich Ostern zustände.

Kreuzigung und Auferstehung stellen das zentrale Ereignis aller Evangelien dar. Jesu Geburt hingegen ist eine Nebenstory eines Evangeliums ist, die überhaupt nur bekannt ist, weil Sie am sich seines christlichen Ursprungs schon lange entledigten Weihnachtens, mit durchgeschleppt wird.

Hier tauchen erste Bilder auf: die Barockkirche Wesselburen in Dithmarschen, der Ostergottesdienst im Dunkeln mit Madame und Ms. Moin, lutherische Rituale, die so ritualistisch sind, dass sie schon fast katholisch wirken – und dann der helle Schein, das Licht. Er ist auferstanden.



Andere Bilder: Ikonen. Seien sie russisch-orthodox oder auch äthiopisch: wahrscheinlich weil dort Ostern noch so zentral ist wie es dem christlichen Glauben nach sein sollte.


Blau, Grün und Rot-kariert


Wenn ich aber die Augen schließe. Einfach nur denke „Ostern“ und warte, was im inneren erscheint. So ist es Blau, Grün und Rot-kariert. Blau wie der Himmel über den bayerischen Voralpen, grün wie die Wiesen und Rot-kariert wie die Tischdecken in der Pension.

Über dem Kaptain, hf leiptig und mir Gleitschirmflieger, nicht weit entfernt ein krähender Hahn und in meiner Hand Michael Endes Unendliche Geschichte – ich so vertieft, dass es einem Wunder gleichkommt, dass ich überhaupt etwas vom Blau und Grün und den Gleitschirmfliegern mitbekam.

Oft waren wir dort, mindestens einmal zu Ostern, beim Tegernsee: südlich von München, dort wo die Voralpen in die Alpen übergehen. Es liegt nicht unweit vom Wildbad Kreuth, und wenn man nur schief genug schaut, posiert hier die heile Welt. Ursprünglich hierhergelockt durch Geschäftspartner von hf leipzig, kamen wir später dann ohne äußeren Anlass.

Wir fuhren in die Gegend, in der meiner Erinnerung nach immer strahlend blauer Himmel herrscht, immer Gleitschirmflieger herunterfliegen, und es immer Getränke und Eis auf der Hotelterrasse gibt.

Im Bild meiner persönlichen Ostermythologie tummeln sich der Osterhase, mehrere orthodoxe Ikonen, das Grab in Jerusalem, Fuchur der Drache aus der Unendlichen Geschichte und einige Gleitschirmflieger auf einer fast schon grün leuchtenden Wiese vor blauem Himmel und den Bergen der bayerischen Alpen. 


Aber auch


Keine Hasen. Sicher gab es auch in meinen Ostern einmal Hasen. Aber keine, an die ich erinnere. Außer der eine Schokohase auf dem einen Foto. Aber auch da erinnere mich an das Foto des Hasen, nicht an den Hasen.

Ostern ist aber auch der Schneesturm in der Nacht mit Kaptain, hf leipzig und den benachbarten Baums auf dem Weg zur Nordseeinsel. Es sind die blühenden Kirschbäume im Eggenertal in Südbaden. Ostern ist Eier gefärbt mit Zwiebelschalen.

Ostern ist zwei kleine eritreische Kinder, die erstmals in ihrem Leben deutsche Ostern erleben und es vor Glück überhaupt nicht fassen können, dass in ihrer Wohnung Schokolade (Ciocolatta! – Eritrea war einst italienische Kolonie) versteckt ist.

Ostern ist die kleine Freude auch noch in der Woche nach Ostern die Lämmer auf der Weide zu sehen. Ostern ist auch das leere Grab – in der Grabeskirche in Jerusalem, bei dessen Renovierung zu aller Erleichterung niemand gefunden wurde.

Und es ist die enge Grabkammer, ein Gedränge von Menschen und der energische Russe, der anscheinend gerade die Tourismus-Bändigungs-Schicht macht, jeweils „Dawai! Dawai!“ ruft, Touristen wegscheucht, Madame, mich und noch einen weiteren Touristen in die Kammer lässt, ein schnelles Vater Unser betet und wieder „Dawai!“ ruft.

Ostern. Hier mischen sich Frühling, Familie und die Hoffnung, dass die Grabkammer wieder leer sein kann. Ostern ist das was man aus diesen Komponenten macht: den Frühling genießen, mit den Menschen leben, und die Hoffnung.

Ostern ist Hoffnung. Ein Wunder. Ein Neuanfang. Das, was jedem Christen Gewissheit und Sicherheit gibt.

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